Was ist Fasten?
Als (Heil)-Fasten wird die freiwillige völlige oder teilweise Enthaltung von allen oder bestimmten Speisen, Getränken und Genussmitteln über einen bestimmten Zeitraum hinweg, üblicherweise für einen oder mehrere Tage, bezeichnet.
Fasten ist eine uralte Praxis, die in verschiedenen Kulturen und Religionen weltweit tief verwurzelt ist. Doch neben spirituellen Aspekten hat das Fasten auch aus physiologischer und gesundheitlicher Sicht zahlreiche Vorteile.
Fasten hat nichts mit Entgiftung zu tun, auch wenn gleiche Mechanismen zu Grunde liegen, die Zellen und Leber zur Selbstreinigung aktivieren.
In diesem Blogbeitrag werfen wir einen Blick auf die Wissenschaft hinter dem Fasten, für wen es geeignet ist, wie man Fasten lernt, welche Auswirkungen es auf den Körper hat und wie man es sicher und effektiv praktiziert.
Was passiert wann beim Fasten im Körper?
Während der Zeit der Nahrungsentbehrung durchläuft der Körper verschiedene physiologische Stadien. Dies kann individuell zeitlich leicht verschoben sein, läuft aber unweigerlich bei allen Menschen gleich ab. Je geübter eine Person im Fasten ist, desto schneller werden die Stadien durchlaufen. Zudem spielt die Vorbereitung und die Durchführung eine Rolle.
6-8 Stunden
Der Körper hat die Energie aus den zuletzt aufgenommenen Mahlzeiten (Glukose) aufgebraucht und beginnt, gespeichertes Glykogen aus der Leber und den Muskeln zu nutzen. Dies findet regelmäßig über Nacht statt. Deshalb heisst das Frühstück auch breakfast! (fasten unterbrechen). Hier ist mit keinerlei Einschränkungen zu rechnen.
12-16 Stunden
Die Glykogenspeicher sind sind schon gut geleert, und der Körper aktiviert langsam die Fettverbrennung. Dabei werden Fettsäuren in Ketonkörper umgewandelt, die dem Gehirn und den Muskeln als Energiequelle dienen. Diese Zeitspanne wird mit intermittierendem Fasten leicht erreicht und hat schon einen Gesundheitswert. Für viele Menschen ist auch dieser Zeitraum noch ohne Einschränkungen ausser Magengeräuschen gut machbar.
24-48 Stunden
Der Körper baut nun auch Muskel-, Organ- oder Bindegewebsmasse ab, die aber nach dem Fasten schnell wieder gewonnen werden kann. Der Autophagie-Prozess der Zellen wird aktiviert. Dabei handelt es sich um einen zellulären Reinigungsmechanismus, bei dem beschädigte Zellbestandteile abgebaut und recycelt werden. Dieser Prozess ist essenziell für die Zellerneuerung und kann zur Prävention von Krankheiten beitragen. Natürlich werden auch Fettreserven des Körpers, vor allem das viszerale Bauchfett verbrennt. Diese Stufe erfordert erste deutliche Einbußen und Willenskraft und ist mit körperlichen Beeinträchtigungen wie Kopfschmerzen verbunden.
48-72 Stunden
Das Glykogen ist aufgebraucht und der Körper gewöhnt sich an die neue Stoffwechselsituation. Nicht alle Details sind uns bekannt aber die Auswirkungen sind bei gesunden Personen nur noch positiv und haben einen Einfluß auf viele Vorgänge im Körper. Alle Organe einschliesslich des Gehirns sind betroffen und viele Dinge des täglichen Lebens werden anders wahrgenommen und bewältigt.
ab 72 Stunden
Der Körper erreicht ein tiefes Fastenstadium. Es kommt zu einer Stärkung des Immunsystems, da alte, ineffektive Immunzellen abgebaut und neue produziert werden. Diese Wirkungen sind das ultimative Ziel und der Körper erlebt ultimative Entbehrungen an Nahrung und Energie, auf die er reagieren muss und kann. Dieser Fastenstatus kann problemlos mehrere Tage aufrecht erhalten werden.
Gesundheitliche Vorteile des Fastens
Fasten hat viele Vorteile, die man aber erste entdecken kann, wenn man es praktiziert. Die Wahrnehmungen, Ergebnisse und Veränderungen können unterschiedlich sein. Fasten ist in jedem fall kein Wundermittel, keine Diät oder ein Null Kalorien-Abnehmprogramm. Fasten aktiviert die Fähigkeit unsere körpereigene Apotheke zu nutzen.
Gewichtsverlust
Durch den Fettstoffwechsel beim Fasten können überschüssige Fettdepots reduziert werden. Dies betrifft vor allem das gesundheitsgefährdende viszerale Bauchfett.
Verbesserung der Insulinsensitivität
Fasten hilft, den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren und das Risiko von Typ-2-Diabetes zu senken.
Förderung der Autophagie
Dies unterstützt die Zellerneuerung und kann das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson senken. Der natürliche Zellschutz wird aktiviert.
Reduktion von Entzündungen
Fasten senkt Entzündungsmarker im Körper, was bei chronischen Krankheiten wie Rheuma hilfreich sein kann.
Psychische und Kognitive Stabilität
Fasten aktiviert unser Gehirn und bringt es gleichzeitig zur Ruhe. Klare Gedanken und hohe Aufmerksamkeit sind die Ergebnisse.
Längeres Leben
Studien zeigen, dass regelmäßiges Fasten die Lebensspanne verlängern und vor allem altersbedingte Krankheiten verhindern kann.
Wunderwaffe Autophagie
Autophagozytose oder Autophagie bezeichnet den Prozess in Zellen, mit dem sie eigene Bestandteile abbauen und verwerten. Dies reicht von fehl gefalteten Proteinen bis zu ganzen Zellorganellen.
Autophagie ist eine Art Recycling-Anlage der menschlichen Zelle. Bei dem Prozess baut der Körper nicht benötigte und krankhafte Zellbestandteile ab und verwertet sie anderweitig.
Autophagie lässt sich gut mit Selbstverdauung übersetzen.
Der komplex regulierte Ablauf wird von mindestens 35 Genen gesteuert. Seit vielen Jahrzehnten wird die Autophagie unter anderem von dem japanischen Molekularbiologen Yoshinori Ohsumi erforscht. Im Oktober 2016 erhielt er für seine Arbeit den Nobelpreis für Medizin.
Zelluläre Ablauf der Autophagie
Zuerst legt die Zelle eine spezielle Hülle um die Bestandteile, die abgebaut werden sollen. Die Hülle schließt sich zum Autophagosom. Dieser verschmilzt dann mit Lysosomen, das sind Bläschen voller Enzyme. Die Enzyme haben die Fähigkeit, die in der Hülle eingeschlossenen Bestandteile aufzuspalten und zu zerlegen. Es entstehen beispielsweise Aminosäuren und Lipide, die neu verbaut oder zur Energiegewinnung genutzt werden können. Andere Abbauprodukte identifiziert der Körper als Abfall; sie werden abtransportiert und ausgeschieden.
Dieser Vorgang beginnt nach frühestens 12-14h und entfaltet ab 72h seine volle Wirkung.
Wie kann man Fasten lernen?
Fasten erfordert Vorbereitung und Gewöhnung, insbesondere für Anfänger.
Folgende Möglichkeiten bieten sich für das Fasten lernen an.
Beginne mit intermittierendem Fasten
Diese Methode (z. B. 16:8, bei der man 16 Stunden fastet und in 8 Stunden isst) ist leicht in den Alltag integrierbar.
Steigere die Fastendauer schrittweise
Wenn du dich an kürzere Fastenphasen gewöhnt hast, kannst du längere Zeiträume ausprobieren, wie z. B. ein 24-Stunden-Fasten.
Hydration
Trinke während des Fastens ausreichend Wasser, Kräutertees oder ungesüßte Getränke.
Achte auf nährstoffreiche Mahlzeiten
Vor und nach dem Fasten solltest du auf eine ausgewogene Ernährung achten, um den Körper optimal zu versorgen. Qualität statt Quantität.
Während des Fastens kann man seine eigenen Wahrnehmungen genau spüren und lernt damit umzugehen oder die Nebenwirkungen zu minimieren.
Mit meinem Programm Fasten lernen kannst du den ersten Schritt wagen.
Mögliche Nebenwirkungen und wie man sie vermeidet
Spürbare Nebenwirkungen entstehen meist durch die eintretende Ketose, nachdem die direkt verwertbaren Kohlenhydrate im Körper aufgebraucht sind. Das ist in der Regel nach 12-16h der Fall. In der Leber werden Fette dann in sogenannte Ketonkörper umgewandelt. Diese werden anstelle der Kohlenhydrate zur Energiegewinnung genutzt.
Der Körper benötigt zu Beginn etwa zwei bis drei Tage, um sich auf die Ketose umzustellen. Dies kann dann mit den folgenden Nebenwirkungen verbunden sein und wird individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen.
Kopfschmerzen
Häufig durch Dehydrierung oder Elektrolytmangel verursacht. Lösung: Viel Wasser trinken und Mineralstoffe ergänzen.
Müdigkeit und Schwindel
Kann durch einen niedrigen Blutzuckerspiegel auftreten. Lösung: Langsam in längere Fastenperioden einsteigen.
Reizbarkeit
Der Körper benötigt Zeit, sich an die Umstellung zu gewöhnen. Regelmäßiges Fasten hilft, diese Nebenwirkung zu reduzieren.
Um die volle Wirksamkeit der Effekte des Fastens nutzen zu können, ist deshalb eine Dauer von mind. 72h anzustreben. Die Länge des Fastens kann dann individuell je nach Verträglichkeit und Fastenziel ausgedehnt werden.
Angefangen von intermittierendem Fasten über wöchentliche Fastentage bis hin zu mehrmaligen Fastenzeiten pro Jahr sind dann viele Möglichkeiten gegeben.
Vorsicht!
Kinder, werdende und stillende Mütter, sollten nicht fasten. Ebenso sollten chronisch kranke Menschen oder Menschen mit Stoffwechselerkrankungen oder Erkrankungen der inneren Organe wie Herz, Leber, Niere und Galle nur nach medizinischer Absprache Fasten
Wissenschaftliche Belege
• Eine Studie von Longo und Mattson (2014) zeigt, dass intermittierendes Fasten Entzündungen reduziert, die Gehirnfunktion verbessert und vor chronischen Krankheiten schützt.
• Eine Untersuchung in Cell Metabolism (2019) belegt, dass zeitlich begrenztes Essen den Stoffwechsel positiv beeinflusst und die Fettverbrennung steigert.
• Die Nobelpreis-gekrönten Forschungen von Yoshinori Ohsumi (2016) zu Autophagie unterstreichen die Bedeutung von Fasten für die zelluläre Gesundheit.
Fazit
Fasten ist eine kraftvolle Methode, um die Gesundheit zu verbessern und den Körper zu regenerieren. Die positiven Effekte reichen von Gewichtsreduktion über verbesserte Zellfunktionen bis hin zu einem stärkeren Immunsystem. Wichtig ist jedoch, das Fasten mit Bedacht anzugehen, auf den eigenen Körper zu hören und sich bei Bedarf von einem Experten beraten zu lassen.